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TelefonSeelsorge Untermain

Die Depression oder wenn alles grau ist

Mehr als 18 % aller Gespräche bei der TelefonSeelsorge Untermain haben depressive Stimmungen zum Thema. Das sind im Jahr fast 2 700 Gespräche.

33 Mitarbeitende der TelefonSeelsorge ließen sich an einem Abend zum Thema Depression fortbilden. Referentin war Frau Meite Peter, Sozialpädagogin (BA) und systemische Beraterin mit Erfahrungen bei der Arbeit mit depressiv erkrankten Menschen.

Weltweit leiden rund 350 Millionen Menschen unter einer Depression. Die Erkrankung entwickelt sich laut WHO zur zweitgrößten Volkskrankheit. Noch immer wird sie hinsichtlich ihrer Schwere unterschätzt. Berühmte Menschen wie Whitney Houston, Robert Emke, Friedrich Nietsche oder Vincent van Gogh kannten Depressionen.

Die bekanntesten Symptome sind Niedergeschlagenheit und  traurige Stimmung, dazu kommen meist auch Schlafstörungen, geringer Appetit, Konzentrationsstörungen, Ängste, Verlust des Selbstwertgefühls und Selbsttötungsgedanken. Um von einer Depression als diagnostizierte Erkrankung reden zu können, müssen mindestens fünf Symptome über mindestens zwei Wochen vorhanden sein.

Es ist die Krankheit des Wollens, aber nicht Könnens. In akuten Phasen ist die Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt, manchmal bis zur Arbeitsunfähigkeit. Alltagsanforderungen wie Haushaltsführung, Pflegen sozialer Kontakte und das Ausüben von Hobbys sind eingeschränkt. Dazu können auch körperliche Beeinträchtigungen kommen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle, Magen-Darm-Erkrankungen oder auch Migräne.

 Eine bekannte Form der Depression ist die manisch-depressive Variante. Dabei wechseln bei den Betroffenen Phasen tiefer Traurigkeit und Resignation mit Phasen von freudigem Tatendrang ab. Wie es im Volksmund heißt: Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. In den manischen Phasen sind die Menschen häufig sehr gereizt, haben einen ungebremsten Tatendrang und eine erhöhte Selbsteinschätzung. In diesen Phasen werden auch übertrieben Einkäufe und Geldausgaben getätigt. Die Gedanken rasen. Der Wechsel zur Niedergeschlagenheit geht oft schnell.

Zu einer Depression gehören auch häufig Suizidgedanken und -absichten. 10 – 15 % aller Patienten töten sich selbst. 10 – 20 % mehr Suizidversuche werden vermutet, die Dunkelziffer ist dabei sehr hoch.

 Zur Behandlung einer Depression gehören eine Kombination von Medikamenten und eine Psychotherapie. Es geht dabei um die Verminderung der depressiven und manischen Symptome. Dazu gehört auch die Prävention von Suizid(versuch)en. Dies ist dann gegeben, wenn die Erkrankten wieder arbeitsfähig und leistungsfähig werden und sich ihr seelisches Geleichgewicht wieder stabilisiert. Zur Behandlung gehört auch die Rückfallprofilaxe.

 Und was kann die TelefonSeelsorge in einem Gespräch tun? Den Anrufenden ernst nehmen und zuhören, dabei die depressive Stimmung mit aushalten. Wertschätzen wie schwer die Situation gerade ist und mit den Anrufenden nach etwas suchen, was ein bisschen helfen kann. Es ist wichtig dabei schon für Gesunde „kleine Dinge“ zu würdigen: „Sie sagen Sie können gar nichts mehr, aber Sie konnten das Telefon nehmen, anrufen und können jetzt darüber reden. Das ist mehr als nichts.“ Es kann das Dabeibleiben beim Aufstehen aus dem Bett und beim Trinken eines Getränkes sein. Oder dazu bewegen, sich etwas zu bewegen.

Wenn Anrufende in depressiver Stimmung sind fragen die Telefonseelsorger/innen immer nach Suizidwünschen. Sie geben dabei die Erlaubnis und öffnen den Raum über dieses tabuisierte Thema zu sprechen. Was manche schon erleichtert. Und wenn sich jemand wirklich töten will?  Es gilt für die Mitarbeitenden zu lernen, dass sie niemanden im Leben halten können, der/die das nicht will. Und das Aushalten dieser Ohnmacht.

Bei all dem sind auch Grenzen zu setzen, denn die Gespräche brauchen viel Kraft. Über Verträge wieder anzurufen werden Brücken gebaut, auf denen viele  depressive Menschen gehalten werden können.

Die Mitarbeitenden verweisen auch auf Fachleute und Selbsthilfeeinrichtungen.

Christiane Knobling

25.02.16