Wie geht es Ihnen? Müde, erschöpft und ausgelaugt – bekomme ich zurzeit auf diese Frage häufig zu hören und kann die Antwort selbst gut verstehen. Deshalb hat mich der Satz einer Bibelstelle besonders angesprochen: „Doch Jesus zog sich an einen einsamen Ort zurück, um zu beten.“ (Lukas 5,16). Das wünsche ich mir zur Zeit auch: mich zurück ziehen, alleine sein, Zeit zu haben auch für das Gebet, ruhig werden, nichts tun und nicht funktionieren müssen, lesen, schlafen und Kräfte sammeln.
Immer wieder wird in den Evangelien davon berichtet, dass Jesus sich zurückzog. Er scheint eine gute Balance zwischen Arbeit und Muße, zwischen Kräfte ausleben und Kräfte sammeln, zwischen Funktionieren und sich Gutes tun, zwischen Zuwendung zu anderen und Zuwendung zu sich selbst und Gott gelebt zu haben. Andere Bibelstellen erzählen von Jesus, der auch gerne Menschen besuchte und mit ihnen feierte.
Manchmal brauche ich auch andere „Energiequellen“ als den Rückzug, wie schöne Stunden mit Familie und Freunden, tanzen, singen und lachen, Feste feiern, Neues ausprobieren oder aufräumen und ausmisten… Manchmal ist das Zusammensein mit anderen oder etwas (anderes) tun, das was meine Seele belebt und mir Kraft und Lebensfreude gibt.
Wenn ich dann noch tue, was mir gut tut, kann ich wieder Kraft schöpfen.
Dass wir alle
nicht nur funktionieren können, beschreibt Robert J. Gernhardt in seinem
Gedicht ‚Ein Erlebnis Kants‘:
Eines Tags geschah es Kant,/dass er keine Worte fand./Stundenlang hielt er den Mund,/und er schwieg - nicht ohne Grund./Ihm fiel absolut nichts ein,/drum ließ er das Sprechen sein./Erst als man zum Essen rief, wurd' er wieder kreativ,/und er sprach die schönen Worte:/"Gibt es hinterher noch Torte?"
Viele Aus- und Mußezeiten an diesem Wochenende und darüber hinaus wünsche ich Ihnen!
Christiane Knobling,
Leiterin der Ökumenischen Telefonseelsorge Untermain
Veröffentlicht im Main-Echo am 11.02.2017 unter der Ruprik 'Kreuzwort'